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Lied auf dem Kirchhofe

Sophie Albrecht

Sey leiser hier, Du meines Kummers Klage,
Und seufze nur, was mich zu Gräbern beugt;
Verzeiht - verzeiht, Ihr Todten, daß ichs wage
Zu jammern, wo des Schmerzes Stimme schweigt.

Nichts kann der Gräber stolze Ruhe stören,
Der Friede wohnt im stillen Schattenreich;
Drum will ich heilig Eure Thäler ehren,
Ach! er, mein Herzensfreund, wohnt unter Euch.

Mein Freund, der wieder all die süßen Bande,
Die längst die Welt von meinem Herzen riß,
Sanft knüpft', und mir im finstern Wechsellande
Elisiums ewig daurend Glück verhieß.

Die heiße Stirn gelehnt am kalten Steine,
Der meiner Trauer stummen Hügel deckt;
Rinnt sanft, Ihr Thränen! wie im Frühlingshayne
Des Morgens Thau, der junge Rosen weckt.

Sie fließen nicht, Dich Freyen zu beklagen,
Der nicht im Kerker der Verwesung wohnt;
Dir jauchz' ich zu, dem nun nach schwülen Tagen
Das kühle Wehn der Dulderpalme lohnt.

Dort seh ich Dich den großen Morgen feyern,
Der nur an jenem Purpurufer tagt;
Wohin keins von des Lebens Ungeheuern
Durch Gottes Wachen sich hinüber wagt.

Nur mir, nur mir Gesunknen rinnt die Zähre,
Nur mich Verlaßne klagt dies Thränenlied;
Mir ist die Welt nur eine öde Leere,
Wo mir allein kein stiller Hügel blüht.

Er deckt mit Dir auch alle bleichen Schrecken,
Die Gruft und Tod mir einstens schaudernd gab;
So muß die Nacht den jungen Morgen wecken,
Du starbst - und Heymath wird mir Tod und Grab.

Umschlungen unsrer schönsten Hoffnung Büste
Späh ich, ob bald der Kahn herüber schwimmt,
Der mich von der Verwesung schwarzen Küste
Zu Dir - zu Dir, mein Freund, hinüber nimmt.

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